Wie viele Ballaststoffe sollten wir am Tag zu uns nehmen? Was sind die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung? Nehmen wir möglicherweise zu wenig Ballaststoffe auf und warum brauchen wir Ballaststoffe? Dies und weitere Fragen werden wir uns nun etwas genauer ansehen.
Ballaststoffe sind weitestgehend unverdauliche Nahrungsbestandteile und kommen vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Zu den besonders ballaststoffreichen Lebensmitteln zählen u.a. Bohnen, Samen, Linsen und Nüsse. Ballaststoffe aus der Nahrung sind aber kein Ballast sondern dienen unseren Darmbakterien als Futter. Unsere Darmbakterien stellen daraus kurzkettige Fettsäuren her. Diese sind wichtig für eine gesunde Darmflora, eine funktionierende Darmbarriere (Stichwort "Leaky Gut") und für die Reduzierung von Entzündungsprozessen*.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt als Richtwert für die Zufuhr von Ballaststoffen mindestens 30g pro Tag an. Doch reicht diese Menge aus?
Durchschnittlich nehmen wir in Europa 16-20g (Frauen) und 18-24g (Männer) Ballaststoffe pro Tag zu uns**. Also weitaus weniger als die empfohlene Mindestmenge. Eine Meta-Analyse konnte zeigen, dass eine ballaststoffreiche Ernährung wichtiger Bestandteil des Diabetes-Managements ist und nicht nur zu einer Verbesserung der Blutzucker- und Blutfettwerte, sondern auch zu einer Reduktion von Entzündungprozessen führt. Bei einer Steigerung auf 35g Ballaststoffe pro Tag sei ebenfalls zu erwarten, dass die vorzeitige Sterblichkeit bei Diabetes verringert wird***.
Forscher der Universität Erlangen untersuchten die positiven Auswirkungen einer erhöhten Zufuhr an Ballaststoffen bei Arthritis-Patienten und kamen zu beeindruckenden Ergebnissen. Sie konnten zeigen, dass durch die erhöhte Ballaststoffzufuhr Entzündungsprozesse im Darm und gelenkzerstörende Prozesse im Rahmen der Rheumatoiden Arthritis reduziert werden konnten*.
In der durchgeführten Studie erhielten Arthritis-Patienten täglich zusätzlich zu ihrer Ernährung einen speziellen Riegel mit 30g Ballaststoffen. Addieren wir dies zu der täglich im Durchschnitt aufgenommenen Menge an Ballaststoffen in Deutschland, können wir von mindestens 50g Ballaststoffen täglich ausgehen. Gemäß der Nationalen Verzehrsstudie II nehmen hierzulande Frauen im Durchschnitt 23g und Männer 25g Ballaststoffe zu sich.
Einer systematische Übersichtsarbeit kann entnommen werden, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Hadza, ein Naturvolk im Staat Tansania, voraussichtlich 80-150g Ballaststoffe pro Tag zuführen****.
Die Spanne von 80-150g Ballaststoffen pro Tag scheint in der Natur eine gesunde Menge zu sein. Da diese Menge für die meisten Menschen in Deutschland eher ungewohnt sein dürfte, achten Sie unbedingt darauf, die Zufuhr langsam zu steigern um mögliche Magen-Darm-Probleme auf ein Minimum zu reduzieren. Achten Sie ebenfalls auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von mindestens 30ml pro kg Körpergewicht.
Positive Effekte auf bestimmte Blutwerte (Blutzucker, Bluttfettwerte, etc.) stellen sich bereits bei 35g Ballaststoffen pro Tag ein. Um Entzündungsprozesse noch weiter zu reduzieren, dürfte eine Untergrenze von mindestens 50g Ballaststoffen pro Tag erstrebenswert sein.
* J. Häger, H. Bang, M. Hagen, M. Frech, P. Träger, M.V. Sokolova, U. Steffen, K. Tascilar, K. Sarter, G. Schett, J. Rech, and M.M. Zaiss. (2019). The Role of Dietary Fiber in Rheumatoid Arthritis Patients: A Feasibility Study. Nutrients, 11(10):2392. doi: https://doi.org/10.3390/nu11102392.
** A.M. Stephen, M.M.-J. Champ, S.J. Cloran, M. Fleith, L. van Lieshout, H. Mejborn, and V.J. Burley. (2017). Dietary fibre in Europe: current state of knowledge on definitions, sources, recommendations, intakes and relationships to health. Nutrition Research Reviews, 30(2), 149–190. doi: https://doi.org/10.1017/S095442241700004X.
*** A.N. Reynolds, A.P. Akerman, and J. Mann. (2020). Dietary fibre and whole grains in diabetes management: Systematic review and meta-analyses. PLoS Medicine, 17(3):e1003053. doi: https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1003053.
**** H. Pontzer, B.M. Wood, D.A. Raichlen. (2018). Hunter-gatherers as models in public health. Obesity Reviews, 19(1), 24-35. doi: https://doi.org/10.1111/obr.12785.